Sabrina liebt das Schreiben, vor allem über Themen, die bislang…
Wiederholt mit ein und derselben Person Sex zu haben, ohne Gefühle zu entwickeln, passt auch heute nicht ins romantische Denken vieler Menschen hinein. Doch sind wir wirklich nicht in der Lage, Sex ohne Liebe zu haben und sind somit alle Sexbeziehungen zum Scheitern verurteilt? Gerade wenn der Sex ein absolutes Feuerwerk ist, fragt man sich schnell: Will ich nicht vielleicht doch etwas mehr?
Männer haben Sex ohne Gefühle, Frauen nicht (?)
Männern wird seit jeher unterstellt, sie können den Coitus und Liebe voneinander trennen und deshalb problemlos auch mehrere Sexualpartner und -partnerinnen nebeneinander haben. Frauen hingegen seien angeblich nicht in der Lage, keine Gefühle beim Geschlechtsverkehr zu entwickeln. Nur Sex, keine Beziehung: Für Männer ja, für Frauen nein?
Zwei Menschen treffen sich regelmäßig, um leidenschaftlich miteinander zu schlafen. Er will nur Sex, sie will nur Sex – ohne Gefühle, Verpflichtungen und Erwartungen aneinander. In Zeiten der Toleranz, Liberalität und des Feminismus wird diese Art der Beziehung auch heute noch mit Argwohn betrachtet.
Doch weshalb? Frauen können genauso zwanglosen Sex ohne Gefühle haben, wie Männer auch. Laut einer repräsentativen Umfrage des GEWIS-Instituts können sich auch 95% aller deutschen Frauen sehr gut vorstellen, Sex ohne Liebe zu haben.
Macht Oxytocin Sex ohne Liebe unmöglich?
Oxytocin – oft auch als Bindungs- oder Kuschelhormon bezeichnet – spielt eine zentrale Rolle bei der Bildung zwischenmenschlicher Beziehungen. Sexualwissenschaftler fanden heraus, dass das beim Sex ausgeschüttete Hormon tatsächlich dazu beitragen kann, dass wir uns in eine Person verlieben.
Oxytocin wird unter anderem bei Berührungen, Sex und vor allem beim Orgasmus produziert: Nach dem sexuellen Höhepunkt schüttet der Körper einen Oxytocin-Schub aus, der das Gefühl von Verbundenheit und Vertrautheit auslöst – bei beiden Geschlechtern.
Eine Studie von ElitePartner aus dem Jahre 2020 fand heraus, dass jeder Zweite mit seinem Partner oder seiner Partnerin schläft, um ihm oder ihr emotional nah zu sein. Außerdem sorgt das Hormon dafür, dass Männer einen Beschützerinstinkt der Sexualpartnerin gegenüber entwickeln.
Vorsicht also mit dem Oxytocin – es kann zu einer Herausforderung werden, muss es aber nicht. Oxytocin sorgt nicht zwangsweise dafür, dass wir uns verlieben.
Lust versus Liebe
Es gibt einen Unterschied zwischen sexueller Lust und romantischer Liebe. Beide Gefühle sind stark und intensiv, beide treten beim oder durch guten Sex auf und können leicht miteinander verwechselt werden. Sie zeigen ähnliche „Symptome“, sind aber grundverschieden.
Natürlich wurde Sex ohne Gefühle in der Psychologie erforscht. Wissenschaftler kamen nach Untersuchungen zu dem Ergebnis, dass Liebe und Lust unterschiedliche Gehirnareale bedienen und somit auch voneinander trennbar sind.
Liebe und Lust seien – laut einer Studie der Universität Genf – zwar verknüpfbar, aber bedingen sich nicht gegenseitig.
Die Gefahr der Regelmäßigkeit
Die größte Herausforderung einer Sexbeziehung besteht in der Regelmäßigkeit. Man hat nicht ein One-Night-Stand und sieht die Person anschließend nie wieder, sondern trifft ein und dieselbe Person immer und immer wieder.
Bei One Night Stands sind oberflächliche Gespräche normal, aber bei Regelmäßigkeit entstehen zwangsläufig tiefgründige Unterhaltungen. Bei jedem Treffen werden neue Informationen ausgetauscht, Fragen gestellt und die andere Person besser kennengelernt. Man entdeckt Gemeinsamkeiten, lacht zusammen und entwickelt vielleicht sogar kleine Rituale und Insider. Man fängt an, sich sicher zu fühlen und geht emotional in die Tiefe.
Beweis hierfür ist der bekannte Fragenkatalog von Arthur Aron, auch bekannt aus der Serie The Big Bang Theory. 36 Fragen, mit denen sich die beiden Protagonisten unweigerlich ineinander verlieben sollen. Gut, bei Sheldon und Penny hat dies nicht funktioniert, aber dennoch wurde Intimität aufgebaut und sie sind sich emotional näher gekommen. Was mit harmlosen Fragen beginnt, entwickelt sich zu persönlichen Fragen und Gesprächen.
Die Vor- und Nachteile von Sexbeziehungen
Wie alles im Leben hat auch eine Affäre ohne Gefühle Vor- und Nachteile. Damit du dir dessen bewusst bist, haben wir die wichtigsten für dich zusammengefasst.
Die Vorteile von Sex ohne Liebe
Die folgenden Vorzüge kannst du genießen, wenn du eine reine Sexbeziehung führst:
- Ablenkung: Viele kommen gerade aus einer komplizierten Beziehung und erleben eine schmerzhafte oder unfreiwillige Trennung, von der sie Ablenkung brauchen.
- Einfach nur Sex ohne Gefühle, Sorgen, Ängste, Schmerz (zumindest emotional).
- Gesunder Egoismus: Du kannst dir nehmen, was du brauchst. Sind wir beim Sex innerhalb einer Partnerschaft egoistisch, fühlen wir uns danach oft schlecht. Man möchte dem Partner möglichst viel Freude bereiten.
- Freiheit: Du kannst tun und lassen was du willst, dein Single-Leben genießen und dennoch fantastischen Sex haben ohne Verpflichtungen einem Partner gegenüber.
Herausforderungen beim Geschlechtsverkehr ohne Liebe
Diese potenziellen Nachteile und Herausforderungen sollten dir bekannt sein, bevor du dich auf eine lockere Sexbeziehung einlässt:
- Gefühle: Was, wenn sich einer von beiden verliebt?
- Einsamkeit: Wer sich doch insgeheim nach Nähe sehnt, liegt am Ende des Tages allein im Bett.
- Ohne Verpflichtungen: Du hast selbst keinerlei Verpflichtungen dem anderen gegenüber, umgekehrt aber auch. Das heißt, du kannst dich im Zweifelsfall nicht auf die Person verlassen, wenn es dir mal schlecht geht oder du Hilfe benötigst. Denn ihr seid nicht zusammen.
- Eifersucht: In der Regel herrscht keine Exklusivität in Sexbeziehungen.
So funktioniert eine Sexbeziehung ohne Liebe
Wenn du für dich entschieden hast, dass eure Beziehung auf einer reinen Sex-Ebene bleiben soll, dann musst du vor allem darauf achten, nicht zu viel in die andere Person zu investieren. Je mehr Energie man in eine Sache oder eine Person investiert (Zeit, Geld, Aufwand), desto wertvoller wird sie für einen. Dadurch steigt auch die Wahrscheinlichkeit, dass du dich in diese Person verliebst.
Du hast jedes Mal eine Stunde Fahrtzeit, nur um Sex zu haben? Viel Investment, welches dich Energie, Zeit und eventuell auch Geld kostet. Für nur 1 bis 2 Stunden lohnt sich das auch nicht, daher musst du über Nacht bleiben, ihr esst zusammen und macht noch andere Dinge, außer Sex zu haben. Klingt fast nach einer Beziehung, oder?
Komplizierte Themen und Lebensherausforderungen sollten besser mit Freund*innen besprochen werden. Führe keine zu intimen Gespräche, sonst wird das emotionale Investment zu hoch. Ebenso sollten niemals Freunde und Familie involviert werden – der Sexpartner oder die Sexpartnerin hat zum Beispiel nichts auf deinem Geburtstag verloren. Für die andere Person kochen ist ebenfalls bereits investierte (gemeinsame) Zeit.
Wenn man sich häufig sieht, viel Sex hat, täglich miteinander in Kontakt steht, private Gespräche führt, ist es fast schon logisch, dass man sich irgendwann ineinander verliebt. Man verhält sich schließlich so, als sei man in einer festen Partnerschaft.
Die 5 wichtigsten Tipps für Sex ohne Liebe
Die Nachteile einer Sexbeziehung sind dir nun bereits bekannt. Um dich vor ihnen zu schützen, haben wir dir die 5 wichtigsten Tipps zusammengestellt, damit Sex ohne Verpflichtungen gut funktioniert:
- Häufigkeit: Trefft euch maximal 1 bis 2 mal pro Woche
- Privatleben: Kein Treffen der Freunde, keine gemeinsamen Feiern, keine Familie
- Gespräche: Komplizierte Themen und Probleme gehören nicht in eine Sexbeziehung
- Kuscheln: Nicht zu viel kuscheln, kein Händchen halten oder ähnliches. Kuscheln intensiviert bei Frauen das Gefühl, sich an den Mann binden zu wollen
- Unternehmungen: Kein Essen gehen, kein Kino und auch sonst nichts machen, außer Small-Talk und Sex
Der wichtigste aller Tipps: Kommunikation und Ehrlichkeit
Nur mit Ehrlichkeit kann Sex ohne Liebe funktionieren. Es ist wichtig, durch Kommunikation die Fronten zu klären und klare Grenzen zu ziehen. Man sollte miteinander sprechen und die Erwartungen und Gefühle kommunizieren. Und vor allem: Ehrlich zu sich selbst sein, was man vom anderen will und wie man zu der Person steht.
Wie oft wollen wir uns treffen? Übernachten wir beim anderen? Wie viel kommunizieren wir außerhalb der Treffen? Daten wir noch weitere Personen? Erzählen wir uns davon? Kommunizieren wir, sobald einer merkt, er möchte mehr?
All diese Fragen sind wichtig und sorgen dafür, dass am Ende keiner mit gebrochenem Herzen dasteht.
Sex ohne Liebe? Ja! Sex ohne Gefühle? Nein!
Am Ende kann man nur begrenzt beeinflussen, ob man sich verliebt oder nicht. Wenn man jemanden trifft, mit dem es einfach passt, dann passt es auch auf so vielen Ebenen, dass man sich oft automatisch verliebt. Dann soll es auch so sein. Verlieben ist nichts Schlimmes.
Egal ob eine Partnerschaft aus einem ONS, einer Affäre oder Freundschaft Plus entsteht – es kann immer sein, dass man sich verliebt. Was man allerdings nicht tun sollte, ist, die andere Person aus reiner Angst von sich fernzuhalten – damit schadest du dir selbst und der oder dem vielleicht für dich passenden Partnerin oder Partner.
Keiner kann verhindern, dass Gefühle durch regelmäßigen Sex mit einer anderen Person entstehen. Aber daraus muss nicht direkt Liebe oder eine Beziehung werden. An Gefühlen für die Person, mit der man Sex hat, ist nichts verkehrt – immerhin ist sie es wert, dass du die größtmögliche physische Nähe mit ihr ausübst. Hierfür müssen positive Gefühle vorhanden sein – allerdings nicht zwangsläufig Liebe.
Solange du mit dir selbst, deinen Gefühlen, Grenzen und Bedürfnissen im Reinen bist, ist Sex ohne Verpflichtung und eine Affäre ohne Gefühle etwas sehr Schönes und Aufregendes.
Sabrina liebt das Schreiben, vor allem über Themen, die bislang noch nicht die nötige Aufmerksamkeit bekommen haben. Sie arbeitet seit Jahren als freie Texterin und Autorin. Ihre Lieblingsthemen sind Beziehungen, Sex, Philosophie und Reisen. Außerdem liebt sie Kaffee, das Meer, sich kreativ ausleben zu können, ihre Gitarre und Fußball.