Vivien ist zertifizierte ganzheitliche Sexualberaterin und erfahrene Erotik-Texterin, die zahlreiche…
Sie will kuscheln und er will Sex: das Klischee schlechthin, wenn es um das Verhältnis zwischen Kuscheln und Sex in Beziehungen geht. Aber was ist am Bild des sexgierigen Mannes und der kuschelsüchtigen Frau dran? Und welche Bedeutung hat Kuscheln für Männer und Frauen in Partnerschaften wirklich? Wir haben die Antworten!
Was bedeutet intimes Kuscheln für eine Beziehung?
Dass die „Schmetterlinge im Bauch” beim Sex mit der Zeit nachlassen, ist eigentlich ein gutes Zeichen, denn der Körper steht nicht mehr unter Stress, wenn man mit seinem Lieblingsmenschen zusammen ist. Eine gute und achtsame Partnerschaft sollte nicht stressig sein!
Neben dem krassen Verliebtsein lässt auch die Intensität der Liebesspiele nach und die Zweisamkeit wird eher zum Kuscheln genutzt. Berührungen im Alltag, wie ein Küsschen beim Kochen oder Händchenhalten auf der Couch, bekommen mehr Raum.
Intimes Kuscheln ist Nahrung für die Seele, schafft und erhält Intimität und Nähe zueinander. Sinnliche Berührungen, besonders im Familienalltag, stärken die Paarbeziehung und können eine echte Kraftquelle sein. Die Intensität von Kuscheleinheiten als Paar sagt Expert*innen zufolge mehr über den Zustand der Partnerschaft aus als die Häufigkeit von gemeinsamem Sex.
Pärchen, die regelmäßig miteinander kuscheln, schenken sich damit emotionale Stabilität und Sicherheit. Das sind wichtige Punkte, die für eine dauerhafte Beziehung entscheidend sind. Laut einer Studie sind es auch beim Sex eher die Nähe und Zärtlichkeit, die glücklich machen.
Die Sexpertin Yella Cremer fasst das Thema in einem Interview folgendermaßen zusammen: „Am meisten verrät es daher über den Zustand der Beziehung, ob Paare beides tun. Sowohl Kuscheln als auch Sex erfüllen wichtige Bedürfnisse nach Kontakt, Nähe und Intimität.” Das gilt laut Cremer besonders für sexarme Zeiten: „Viele Paare haben Zeiten, in denen sie weniger Sex haben. Ein Schwerpunkt auf Kuscheln lässt zum Beispiel Paare mit kleinen Kindern sexlose Zeiten überstehen.” Beim Kuscheln wird das Bindungshormon Oxytocin ausgeschüttet.
Welche Bedeutung hat Kuscheln für Männer und Frauen?
Die eine oder andere Frau hat sich sicher schon gefragt: „Warum kuscheln Männer so ungern?” Entweder hatten sie ein Exemplar zu Hause, das einfach nicht gerne schmust, oder sie haben ihr Bedürfnis nach Nähe (ohne Sex!) nicht verständlich genug kommuniziert. Aber was ist dran am Mythos vom kuschelallergischen Mann?
Women’s Health hat bei den Herren der Schöpfung nachgefragt – und interessante Antworten gesammelt. Bei einem Befragten und seiner Liebsten ist Kuscheln tatsächlich eine Art Vorspiel: „Kuscheln ist eine super Möglichkeit, sich langsam näherzukommen. Meine Frau und ich verpassen oft das Ende von Filmen, weil wir dabei kuscheln und, naja … die Dinge dann gerne mal eskalieren.”
Für einen anderen Umfrage-Teilnehmer hingegen darf es gern beim Kuscheln bleiben: „Ich liebe Kuscheln! Für mich gibt es nichts Schöneres, als abends von der Arbeit nach Hause zu kommen, mich zu meiner Freundin ins Bett zu legen und mich an sie zu schmiegen.”
Frauen kuscheln lieber als Männer, richtig?
In einer GfK Marktforschung Nürnberg-Umfrage wurden 654 Männer und 641 Frauen zu ihrem Liebesleben innerhalb ihrer Partnerschaft befragt. 52,9 Prozent der Frauen kuscheln lieber mit ihrem Partner, als Sex zu haben. Diese Meinung teilt nur ein Drittel der Männer. Für 75,5 Prozent käme sogar eine Beziehung ganz ohne Sex nicht infrage. Das sehen auch 61,2 Prozent der Frauen so.
Kuscheln hat also für Frauen ganz klar einen höheren Stellenwert in einer Beziehung als für Männer. Sie haben außerdem oft ein größeres Bedürfnis nach Nähe als ihre Partner.
Kuscheln als individuelles Bedürfnis
Der These steht eine Umfrage des Bettenherstellers „Silentnight” gegenüber. Die ergab, dass 33 Prozent der Frauen (nächtliches) Kuscheln eher lästig finden. 77 Prozent von ihnen kuscheln zwar mit, aber legen sich auf ihre Bettseite, sobald ihr Liebster eingeschlafen ist. 36 Prozent der Männer haben sogar schon mit ihren Partnerinnen gestritten, weil sie nächtliches Kuscheln vermissen.
Das Bedürfnis nach körperlicher Nähe und Intimität in Form von Kuschel-Sessions lässt sich also keineswegs pauschalisieren! Jeder Mensch hat ein anderes Nähe-Distanz-Bedürfnis und andere Vorlieben. Wenn beide auf einer Wellenlänge sind, ist das eine super Basis für eine langfristige Partnerschaft. Sind die Prioritäten von Kuscheln und Sex sehr ungleich verteilt, kann das zu Konflikten führen.
Phänomen: „Meine Freundin will nur kuscheln!”
Wenn die Freundin oder der Freund eher kuscheln will und Sex zweitranging oder sogar unwichtig geworden ist, kann das ein Indiz für das sogenannte Panda-Syndrom sein. Namensgebend sind die Pandabären für dieses Phänomen, weil sie aufgrund ihrer Trägheit die Fortpflanzung gänzlich hintanstellen.
Wenn in der Beziehung zwar viel gekuschelt wird, aber das Sexleben ansonsten auf Eis liegt, kann das auf Dauer zu großen Beziehungsproblemen führen. Laut einer Parship-Umfrage von 2017 unter 1.000 Teilnehmer*innen gaben 28 Prozent an, dass sie dauerhaft zu erschöpft für Sex seien. Am häufigsten sind mit 35 Prozent Frauen davon betroffen.
Kuscheln muss nicht zum Liebesakt führen und sollte auch nicht immer als Aufforderung zu mehr verstanden werden. Dabei sollten sich beide Partner*innen einig sein und vor allem offen und ehrlich über ihre Bedürfnisse reden. Kuschelsex ist da ein wundervoller Kompromiss!
Vivien ist zertifizierte ganzheitliche Sexualberaterin und erfahrene Erotik-Texterin, die zahlreiche Ratgeber- und Blogartikel geschrieben hat. Mit ihrer Expertise verfasst sie Texte rund um Liebe, Sex, Beziehungen, aber auch zu den neuesten Trends der Sex-Branche oder interviewt Experten und Erotik-Stars. Vivien ist außerdem Co-Host vom Sex-Podcast „Bedtime Talk“ (u.a. auf Spotify).