Roman Lust schreibt seit rund 10 Jahren Texte für verschiedene…
„Darf ich Sex mit anderen Personen als meinem Partner bzw. meiner Partnerin haben?“ Meist ist dieser Gedanke der Ausgangspunkt für eine offene Beziehung.
Welche Herausforderungen diese Beziehungsform mit sich bringt und wie du sie meistern kannst, erfährst du im Folgenden.
Was ist eine offene Beziehung?
Es handelt sich um eine Beziehung, bei der beide Partner*innen sich gegenseitig die Freiheit geben, Sex mit anderen Personen zu haben. Ist ein Paar verheiratet und führt eine offene Beziehung, spricht man von einer offenen Ehe.
Das offene Beziehungsmodell steht dem klassischen Konzept der Monogamie entgegen, das sich in exklusiven Liebesbeziehungen oder Ehen zwischen zwei Partner*innen widerspiegelt.
Polyamorie und Polygamie
Bei der Definition von Offene Beziehung fällt häufig der Begriff Polyamorie. Nicht selten wird er sogar als Synonym verwendet, allerdings gibt es einen großen Unterschied zwischen den beiden Beziehungsformen.
Polyamorie stellt das Prinzip der Treue gänzlich in Frage. Sie geht damit einen Schritt weiter als eine offene Beziehung, welche sich nur auf Sex mit anderen bezieht. Polyamouröse Beziehungen erlauben es den Partner*innen, mehrere Liebesbeziehungen mit unterschiedlichen Personen gleichzeitig zu führen.
Haben Ehepartner*innen gleichzeitig mehrere eheähnliche Beziehungen, spricht man von Polygamie.
Vor allem jüngere Menschen sind offen für Offene Beziehungen
Einer Umfrage von Womenshealth zufolge lebt jede 14te von 832 befragten Frauen in einer offenen Beziehung. Dass diese Statistik aussagekräftig ist, darf bezweifelt werden. Schließlich reden viele Menschen eher ungern offen über das moralisch brisante Thema. Es ist davon auszugehen, dass deutlich mehr Paare in einem offenen Beziehungsmodell leben.
Insbesondere jüngere Menschen scheinen sich mit dem Konzept anfreunden zu können. Laut einer US-Studie des Meinungsforschungsinstituts YouGov halten von den Unter-30-Jährigen nur ca. die Hälfte die exklusive Partnerschaft zwischen zwei Menschen überhaupt noch für unbedingt erstrebenswert.
Warum führen Paare eine offene Beziehung?
Es gibt unterschiedlichste Gründe, warum Paare ihre vormals monogame Beziehung öffnen. Zum Beispiel, dass ihnen in der bestehenden Beziehung etwas fehlt oder sich sexuelle Unzufriedenheit breitmacht.
Häufig möchten Paare mit einer offenen Beziehung Erfahrungen nachholen, die sie in all den Jahren noch nicht gemacht haben. Die bestehende Beziehung soll dabei aber nicht aufs Spiel gesetzt werden. Vielmehr erhoffen sich viele Paare, dass sie diese mit einer „Öffnung“ retten können.
Vorteile einer offenen Beziehung
In der Tat kann eine offene Beziehung eine ins Stocken geratene Liebesbeziehung oder Ehe retten und viele Vorteile bringen, zum Beispiel:
- Die Möglichkeit, sich mit anderen Personen zum Sex verabreden zu können, ohne dabei etwas „Verbotenes“ zu tun, sorgt dafür, dass sich man sich frei und nicht eingeengt fühlt.
- Während sich in einer festen Beziehung oft Alltag und Routine einschleichen können, gibt es in einer offenen Beziehung stets neue Impulse durch die wechselnden Liebhaber. Aufregende Erfahrungen und neu gelernte Stellungen und Praktiken bringen Inspirationen für das Sexualleben mit dem Partner bzw. der Partnerin.
- Wenn man sich mit einer dritten Person zum Sex trifft, bestätigt das die eigene Attraktivität. Dadurch kann man wiederum für den Partner bzw. die Partnerin attraktiver werden, der plötzlich eine neue Anziehungskraft verspürt.
- Man kann lernen, seine Gefühle besser zu reflektieren und zu kommunizieren. Emotionen wie Verlustangst müssen mit dem Partner bzw. der Partnerin gemeinsam ehrlich besprochen werden, damit diese Form der Beziehung funktionieren kann.
- Die eigene Persönlichkeit kann in einer offenen Beziehungsform wachsen. Man lernt seine eigenen Grenzen kennen, arbeitet aktiv an sich und erhält konstruktive Kritik von der Partnerin bzw. vom Partner.
- Vergnügt man sich mit verschiedenen Partner*innen, wird man automatisch sexuell erfahrener und „besser“ im Bett. Die Beziehung profitiert hiervon.
Herausforderungen und Probleme
„Die Gefahr ist immer, dass der Wunsch von einem ausgeht und der andere bloß deshalb mitzieht, weil er Angst hat, seinen Partner bzw. seine Partnerin sonst komplett zu verlieren“, stellt Paartherapeutin Alexandra Hartmann gegenüber dem Focus klar.
Ist das offene Modell demnach kein Beziehungsretter, sondern eher ein Beziehungszerstörer? Die wichtigste Grundvoraussetzung ist in jedem Fall, dass beide Partner*innen sich die offene Beziehung wünschen.
Darum sollte man sich mit den möglichen Herausforderungen und Nachteilen frühzeitig auseinandersetzen. Im Vorhinein sollten die Beteiligten klären, ob das Konzept mit ihren Wünschen, Sorgen und Vorstellungen zusammenpasst.
Typische Probleme und Herausforderungen eines offenen Beziehungskonstrukts im Überblick:
- Fehlende Sicherheit: Damit ist gemeint, dass ständig die Gefahr besteht, dass man sich in die wechselnden Sexpartner*innen verliebt und dadurch die Beziehung in die Brüche geht.
- In einer offenen Beziehung wird häufig über die Nebenpartner geschwiegen, um mögliche Streitigkeiten mit dem Partner bzw. der Partnerin zu vermeiden. Das kann schnell zu Lügen, Geheimnissen und emotionaler Entfernung vom Partner bzw. von der Partnerin führen.
- Es ist nicht immer einfach, Arrangements und Kompromisse mit dem Partner oder der Partnerin zu treffen. Zum Beispiel: Man darf nicht mit dem neuen Liebhaber in den Urlaub fahren. Eine Balance zwischen Freiraum und (Selbst-)Einschränkung ist gefragt.
- Gegenüber Menschen mit monogamen und konservativen Denkmustern kann es mühsam sein, zu erklären, dass man seine Beziehung geöffnet hat. Da kann es auch zu Feindseligkeiten von außen kommen – bspw. wenn mit dem Willen Gottes oder der Heiligkeit der Ehe argumentiert wird.
- Wer Intimität und Nähe sucht, könnte von einer offenen Beziehung enttäuscht sein. In der Regel pflegt man zu den Liebhabern nur oberflächliche Beziehungen, bei denen der Sex im Vordergrund steht. Wer mehr erwartet, für den dürfte Polyamorie ein Thema sein.
Offene Beziehungen und die Eifersucht
Eines der häufigsten Probleme im Zusammenhang mit einer offenen Beziehung ist die Eifersucht.
Gründe für dieses Gefühl können beim offenen Beziehungsmodell verschiedenen Ursprungs sein. Vielleicht fehlt einem die viele gemeinsame Zeit mit dem Partner bzw. der Partnerin, die man im monogamen Gefüge noch hatte. Es kann auch passieren, dass ein Liebhaber plötzlich deutlich mehr Aufmerksamkeit als der eigene Partner bzw. die eigene Partnerin bekommt. Auch wenn vereinbarte Regeln plötzlich verändert werden, läuten bei so manchem die Alarmglocken.
Ist man eifersüchtig, ist Ehrlichkeit gefragt. Man sollte mit dem Partner bzw. der Partnerin offen über seine Gefühle sprechen und versuchen, zusammen eine Lösung zu finden.
Der Partner bzw. die Partnerin sollte die Möglichkeit haben, die Situation zu erklären und zu beruhigen. Er kann auch Regeln konkretisieren oder zur Diskussion stellen, wieder mehr Zeit in die Beziehung investieren oder andere Maßnahmen ergreifen, um dem Partner bzw. der Partnerin die Eifersucht zu nehmen.
Damit dieses Gefühl erst gar nicht aufkommt, ist es ratsam, sein Selbstbewusstsein kontinuierlich zu steigern. Auch selbstkritische Reflexionen können helfen – bspw. um Situationen zu erkennen, die einen eifersüchtig machen. Anschließend können diese Situationen gezielt angegangen und verändert werden.
Regeln, mit denen eine offene Beziehung funktionieren kann
„Es ist für einige Menschen durchaus in Ordnung, wenn der Partner mit anderen Menschen schläft und man als Paar trotzdem zusammenbleibt. Da müssen allerdings klare Regeln kommuniziert und auch eingehalten werden“, erklärt Paartherapeut Pedram Moghaddam im Blog Psychologie bringt dich weiter.
Entscheiden sich zwei Menschen für eine offene Beziehung oder Ehe, sind miteinander vereinbarte Regeln die Grundlage für das Gelingen. Diese Fragen sollte ein Paar unbedingt vorab klären:
- Mit wem sind sexuelle Kontakte okay?
- Wo darf der Sex stattfinden?
- Wie wird verhütet?
Empfehlenswert ist zudem, dass das Paar exklusive Zeiten für sich vereinbart. Das bedeutet: An diesen Tagen unternehmen die beiden etwas miteinander – andere Sexualpartner*innen sind dann außen vor.
Außerdem sollte ein regelmäßiger Austausch stattfinden, wie die Beteiligten mit der offenen Partnerschaft zurechtkommen.
Selbsttest: Offene Beziehung ja oder nein?
Ob die offene Beziehung das Richtige für einen ist, kann man anhand von einigen Standpunkten herausfinden. Trifft eine oder treffen mehrere der folgenden Aussagen auf eine Person zu, so sollte sie sich gut überlegen, ob sie sich auf diese Beziehungsform einlassen möchte.
Die Person …
- zeigt wenig Offenheit gegenüber Alternativen zur monogamen Beziehungsform
- wird schnell eifersüchtig
- kann sich nicht gut an vereinbarte Regeln halten
- hat wenig Vertrauen in ihren Partner bzw. ihre Partnerin
- hat Schwierigkeiten mit der Kommunikation ihrer Gefühle
Beide Partner*innen müssen sich selbst reflektieren und mit den Folgen von offenen Beziehungen gründlich auseinandersetzen, um keine Negativ-Erfahrung damit zu machen.
Offene Beziehung vorschlagen – so geht`s
Häufig ist der Wunsch, eine Partnerschaft zu öffnen, erstmal einseitig. Es gilt dann, dem Partner bzw. der Partnerin von der Idee zu berichten und ihn dafür zu begeistern. Viele haben jedoch Angst vor diesem Gespräch und wissen nicht, wie sie es eröffnen sollen. Um eine offene Beziehung gegenüber dem Partner bzw. der Partnerin anzusprechen, gibt es daher verschiedene Methoden.
- Die Vorteile von offenen Beziehungen gegenüber Beziehungen mit Exklusivität betonen. So zum Beispiel die Möglichkeit, sexuelle Freiheit und zugleich die Liebe des Partners bzw. der Partnerin genießen zu können.
- Den Hoheitsanspruch des Beziehungskonzepts Monogamie durchbrechen. Dabei sollte man deutlich machen, dass es viele alternative Modelle gibt und auch Paare, die mit diesen Alternativen bereits positive Erfahrung sammeln konnten.
- Eine der Hauptsorgen, Verlustangst und Eifersucht, direkt thematisieren. Dann kann man klarstellen, dass diese Gefühle auch in einer monogamen Beziehung auftreten können und sie eigentliche Problem sind, das es anzugehen gilt.
- Eine Testphase vorschlagen, die jederzeit beendet werden kann, wenn sich einer von beiden mit der Beziehungsöffnung unwohl fühlt.
Kontakte für eine offene Beziehung finden
Auf der Suche nach einer offenen Beziehung? Egal, ob Frau oder Mann, ob Single oder Pärchen – mit den folgenden Optionen finden sich passende Kontakte zum Ausleben einer solchen Beziehung.
1. Sexdating-Portale
Die wohl einfachste Möglichkeit, Sexkontakte zu finden bieten Sexdating-Seiten im Internet. Hier kann man über die Filter- und Suchoptionen gezielt nach geeigneten Spielgefährten suchen.
Viele Menschen, die eine offene Beziehung führen, geben dies im Beziehungsstatus auf ihrem Profil entsprechend an. Für Singles ist das ein Signal, dass sie diese Menschen anschreiben und sich als Sexpartner*innen bei ihnen „bewerben“ können.
2. Swinger-Clubs
Hier sind viele Menschen anzutreffen, die Partnertausch betreiben. Es handelt sich also vorrangig um aufgeschlossene Paare, die ihren offen-sexuellen Lifestyle in solchen Etablissements ausleben. Trotz der hier herrschenden Offenheit, sollten Singles bei der Annäherung an Pärchen vorsichtig vorgehen: Nicht jeder Swinger-Mann ist bereit, seine Frau auch außerhalb von Swinger-Clubs mit anderen zu teilen.
3. Dating-Apps
Sexkontakt-Apps wie Tinder und Co. eignen sich gut, um schnell ein Sextreffen in der eigenen Umgebung auszumachen. Wichtig ist, dass man seinen Beziehungsstatus dem potentiellen Liebhaber im Chat offenlegt: Man ist vergeben, hat aber die Freiheit, sexuelle Abenteuer mit anderen zu erleben. Durch diese ehrliche Kommunikation im Vorhinein, macht sich der Dritte keine falschen Hoffnungen auf eine feste Beziehung.
Roman Lust schreibt seit rund 10 Jahren Texte für verschiedene Erotikmagazine. Ob Paysex, Sexdating oder BDSM – Roman liebt die vielseitigen Facetten der Erotikwelt. Seine Mission ist es, über vermeintliche Tabuthemen aufzuklären, ihnen den angedichteten Schmuddel-Faktor zu nehmen und sie einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen.